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Mittelfranken

Mittelfranken im Wandel

Demografie, Wirtschaft und ländliche Entwicklung in den Landkreisen Ansbach und Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim

Wer Mittelfranken nur mit Nürnberg, Erlangen oder Fürth verbindet, verpasst eine ganze Welt jenseits der urbanen Zentren – nämlich jene weiten Landschaften, kleinen Städte und Dörfer, die den Charakter der Region eigentlich ausmachen. Besonders die Landkreise Ansbach und Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim prägen dieses Bild. Hier findet man fränkische Ruhe, gewachsene Strukturen und eine ländliche Lebensweise, die vielen Menschen als Gegenpol zur Schnelllebigkeit der Großstädte dient. Doch gerade deshalb treten in diesen Landkreisen weit verbreitete Dynamiken – wie der Verlust daseinsvorsorgender Infrastrukturen oder des sozialen Zusammenhalts – besonders hervor, die ländliche Räume vor große Herausforderungen stellen. Gleichzeitig entsteht ein vielfältiger Mix aus Ideen und Projekten, die zeigen, wie lebendig Wandel sein kann.

Beide Landkreise gehören zu den dünner besiedelten Regionen Bayerns. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie an Lebendigkeit einbüßen. Viele Gemeinden verfügen über stabile Bevölkerungszahlen, über ein aktives Vereinsleben und über vertraute Nachbarschaften, in denen man sich kennt. Dennoch ist in den vergangenen Jahren ein klarer Trend sichtbar geworden: Die Bevölkerung altert und die Abwanderung junger Menschen lässt sich kaum übersehen. Wer eine Ausbildung oder ein Studium beginnt, zieht häufig in größere Städte und kehrt nicht unbedingt zurück. Gleichzeitig gibt es zwar Zuzüge aus urbanen Räumen, oft von Familien, die eine ruhigere Umgebung und bezahlbaren Wohnraum suchen. Doch sie können den Alterungsprozess nicht flächendeckend ausgleichen. In manchen Ortschaften fehlen zunehmend junge Menschen, was langfristig die lokalen Strukturen – vom Schulwesen bis zum Gemeinschaftsleben – verändern wird.

Die wirtschaftliche Basis in beiden Landkreisen ist traditionell vom Mittelstand geprägt. Viele Betriebe stammen aus dem Handwerk oder der Produktion, einige existieren seit Generationen und sind fest in der Region verankert. In Ansbach kommen zusätzlich Verwaltungseinheiten und Dienstleistungsunternehmen hinzu, während im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim die kleineren industriellen und handwerklichen Betriebe die regionale Wirtschaft stützen. Trotz dieser stabilen Ausgangslage ringen viele Unternehmen um qualifizierte Arbeitskräfte. Der Fachkräftemangel ist deutlich spürbar, und der Wettbewerb mit städtischen Arbeitgebern macht die Nachwuchsgewinnung nicht leichter. Für Unternehmen wirkt dies limitierend, wenn es darum geht zu wachsen und Innovationskraft zu entfalten, aber auch mit Blick auf die langfristige Betriebsnachfolge. Der Tourismus, insbesondere rund um Bad Windsheim mit der Franken-Therme und dem Freilandmuseum, sorgt immerhin für einen verlässlichen wirtschaftlichen Impuls. Dennoch bleibt auch dieser Sektor abhängig von saisonalen Schwankungen und kann nicht alle strukturellen Herausforderungen abfedern.

Landkreis Ansbach

Bevölkerungsstand
Bevölkerungsdichte
Bevölkerungsentwicklung
Wanderungssaldo
Wohnungsleerstandsquote
BIP je Einwohner
Thünen-Typologie
187.340 Einwohner
95,7 Einwohner/km²
- 1.260 Einwohner
+ 2.923 Einwohner

35.976 € / Einwohner
sehr ländlich / gute sozio-ökonomische Lage

Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim

Bevölkerungsstand
Bevölkerungsdichte
Bevölkerungsentwicklung
Wanderungssaldo
Wohnungsleerstandsquote
BIP je Einwohner
Thünen-Typologie
101.043 Einwohner
79,7 Einwohner/km²
- 2.318 Einwohner
+ 1.963 Einwohner

35.663 € / Einwohner
sehr ländlich / weniger gute sozio-ökonomische Lage

Die ländliche Entwicklung zeigt sich in beiden Landkreisen als Balanceakt zwischen Bewahren und Neugestalten. Viele Kommunen bemühen sich, ihre historisch gewachsenen Ortskerne zu stärken und zugleich moderne Anforderungen zu erfüllen. Dazu gehören der Ausbau digitaler Infrastrukturen, mit denen z.B. Homeoffice-Modelle und digitale Dienstleistungen ermöglicht werden, oder die gezielte Förderung der regionalen Wertschöpfung. Daneben setzen die Kommunen verstärkt auf neue Mobilitätskonzepte, um die ländlichen Räume weniger abhängig vom PKW zu machen – auch wenn dies naturgemäß ein langfristiger Prozess ist. Besonders spannend sind Projekte, die auf die Verankerung neuer Arbeits- und Lebensweisen in alten, nicht selten ortsbildprägenden Gebäuden abzielen. Ehemalige Gasthäuser werden zu Treffpunkten und Co-Working-Spaces umgebaut, Dorfläden übernehmen die Nahversorgung und weitere Funktionen – und in manchen Orten entstehen gemeinschaftlich organisierte Räume, die Kultur, Arbeiten und Begegnung miteinander verbinden.

Leerstand ist in der Region ein sichtbares Thema, welches je nach Stadt oder Gemeinde sehr unterschiedlich ausprägt sein kann. Während manche Orte einen stabilen Immobilienmarkt aufweisen und ungenutzte Gebäude nur vereinzelt vorkommen, gibt es woanders Straßenzüge, in denen Objekte über Jahre leer stehen. Häufig handelt es sich um ältere Hofstellen, Industriebrachen oder Wohnhäuser, deren Eigentümer*innen weit entfernt leben oder aus verschiedenen Gründen nicht investieren möchten. Jedoch hat sich der Umgang mit Leerstand in den letzten Jahren verändert. Kommunen setzen zunehmend auf Leerstandskataster, beraten Eigentümer*innen aktiv und vermitteln potenzielle Interessent*innen, um neue Impulse zu setzen. Dadurch entstehen immer häufiger kreative Nachnutzungen: Aus ehemaligen Stallungen werden Ateliers, aus alten Wohnhäusern entstehen Ferienwohnungen, in leerstehende Gewerberäume ziehen Start-ups ein. Leerstand wird damit weniger als reines Problem wahrgenommen, sondern zunehmend als Chance, um innovative Konzepte in die Mitte der Orte zu holen – vorausgesetzt, die bauliche Substanz lässt dies zu.

Die Region steht, wie viele ländliche Räume in Deutschland, vor grundlegenden Veränderungen. Dennoch bieten Ansbach und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim etliche Entwicklungschancen. Der Zuzug aus Ballungsräumen könnte sich durch flexible Arbeitsmodelle weiter verstärken. Die mittelständischen Betriebe bleiben trotz Fachkräftemangel ein tragendes Element der wirtschaftlichen Stabilität. Touristische Angebote schaffen regionale Aufmerksamkeit, beleben Städte und Gemeinden und sichern zusätzliche Nachfrage. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für regionale Identität, das sich in vielen Initiativen widerspiegelt. Vor allem aber öffnet der kreative Umgang mit Leerstand neue Räume – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – und zeigt, dass Wandel nicht nur Verlust bedeutet, sondern ebenso Potenziale bietet.

Die Region Mittelfranken befindet sich in einem kontinuierlichen Prozess des Wandels. Die demographischen und wirtschaftlichen Herausforderungen – und mit ihnen der sichtbare Leerstand – sind real, aber sie überlagern nicht das Bild einer Region, die mit viel Pragmatismus und fränkischer Gelassenheit zukunftsfähige Lösungen sucht. Wer genauer hinschaut, erkennt schnell, dass hier nicht nur Landschaften gepflegt werden, sondern auch Ideen wachsen, wie eine lebenswerte Zukunft auf dem Land aussehen kann.

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