Wer an Südniedersachsen denkt, hat oft sanfte Hügel, dichte Wälder und schmucke Altstädte vor Augen. Und tatsächlich: Die Region rund um Göttingen und Northeim kombiniert landschaftliche Ruhe mit urbanen Inseln – eine Ausgangslage, die viele Chancen, aber auch einige Herausforderungen mit sich bringt. Zeit also für einen genaueren Blick auf Demografie, Wirtschaft, ländliche Entwicklung und den Umgang mit Leerstand.
Göttingen trägt als Universitätsstadt maßgeblich zum demografischen Profil der Region bei. Die Zehntausenden Studierenden sorgen für eine auffallend junge Altersstruktur, zumindest innerhalb der Stadtgrenzen. Der Effekt: ein lebendiges Stadtbild, ein vielfältiges Kulturangebot und ein kontinuierlicher Zustrom junger Menschen. Sobald man jedoch in Richtung Northeim oder weiter in die ländlichen Ortsteile fährt, zeigt sich ein anderes Bild: Hier prägen ältere Bevölkerungsschichten und schrumpfende Einwohnerzahlen die Entwicklung. Viele Dörfer verlieren kontinuierlich Bewohner*innen, vor allem jüngere Menschen, die für Ausbildung, Studium oder Arbeit in die größeren Städte abwandern. Das klingt zunächst problematisch, doch gleichzeitig eröffnet sich dadurch Raum für neue Ideen – etwa für Rückkehrer*innen, die nach Jahren in der Großstadt bewusst wieder ländlicher wohnen wollen, oder für Menschen, die durch flexiblere Arbeitsmodelle nicht mehr zwingend in urbanen Zentren leben müssen.
Die Wirtschaft in Südniedersachsen steht auf einem breiten Fundament. Göttingen bildet das wirtschaftliche Zentrum: Wissenschaft, Forschung, Medizin und eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen prägen die Stadt. Der Hochschul- und Forschungssektor wirkt wie ein stetiger Innovationsmotor – ob in den Life Sciences, der Laser- oder Messtechnik oder im Bereich nachhaltiger Materialien. Northeim dagegen ist stärker industriell geprägt, oft mit traditionelleren Strukturen. Hier dominieren mittelständische Betriebe, Logistik, Handwerk und klassische Produktionszweige. Viele Betriebe sind gut aufgestellt, einige kämpfen jedoch mit Fachkräftemangel oder Nachfolgeproblemen. Dazu kommt die Herausforderung, die Digitalisierung und den Strukturwandel mitzugehen, ohne die Wurzeln lokaler Wirtschaftskraft zu verlieren. Zunehmend wichtig wird zudem der Tourismus: Der Harz, das Leinebergland und die Solling-Vogler-Region bieten Natur und Erholung. Gerade nachhaltiger Tourismus eröffnet Potenziale – vorausgesetzt, man schafft attraktive Angebote für verschiedene Zielgruppen.
Südniedersachsen ist im Kern ländlich geprägt. Das bedeutet einerseits eine hohe Lebensqualität: viel Grün, kurze Wege, engagierte Dorfgemeinschaften. Andererseits steht die Region vor der Aufgabe, diese Qualitäten in die Zukunft zu überführen – und zwar so, dass sie für heutige und zukünftige Generationen attraktiv bleiben. Breitband- und Mobilfunkausbau, neue Mobilitätsangebote wie Rufbusse oder On-Demand-Shuttles sowie die Sicherung von Schulen, Kitas und medizinischer Versorgung sind dabei entscheidende Faktoren. Viele Gemeinden setzen bereits auf innovative Konzepte wie Dorfgemeinschaftsläden, Co-Working-Spaces oder Bürgerbus-Initiativen. Man merkt: Es tut sich etwas – allerdings nicht überall im gleichen Tempo. Zugleich sind Förderprogramme – wie beispielsweise LEADER, Zuwendungen zur integrierten ländlichen Entwicklung (ZILE), Zukunftsräume Niedersachsen oder die Dorfentwicklung – für strukturschwache Räume ein wichtiger Hebel, um Projekte zu realisieren, die ohne externe Mittel kaum möglich wären. Die Region ist deshalb ein gutes Beispiel dafür, wie staatliche Impulse und lokal verankerte Initiativen Hand in Hand gehen können.
| Bevölkerungsstand Bevölkerungsdichte Bevölkerungsentwicklung Wanderungssaldo Wohnungsleerstandsquote BIP je Einwohner Thünen-Typologie |
327.090 Einwohner 186,5 Einwohner/km² + 280 Einwohner + 6.514 Einwohner 5,18 % 39.556 € / Einwohner eher ländlich / gute sozio-ökonomische Lage (Altkreis Göttingen) sehr ländlich / weniger gute sozio-ökonomische Lage (Altkreis Osterode am Harz) |
| Bevölkerungsstand Bevölkerungsdichte Bevölkerungsentwicklung Wanderungssaldo Wohnungsleerstandsquote BIP je Einwohner Thünen-Typologie |
132.939 Einwohner 104,8 Einwohner/km² - 319 Einwohner + 857 Einwohner 6,81 % 30.949 € / Einwohner sehr ländlich / weniger gute sozio-ökonomische Lage |
Leerstand gehört in vielen Teilen Südniedersachsen zum Orts- bzw. Stadtbild. Von brachliegenden Hofstellen über ehemalige Ladengeschäfte bis hin zu Wohnhäusern, die über Jahre unbewohnt bleiben – besonders in den kleineren Kommunen zieht Leerstand durch die Ortskerne. Mit zunehmender Alterung und Abwanderung wächst die Herausforderung sichtbar. Doch der Umgang mit Leerstand wird zunehmend kreativer. Einige Kommunen setzen auf aktive Leerstandsmanagements: Leerstandskataster oder -börsen, Förderprogramme für Sanierungen, Beratung für Eigentümer*innen oder Zwischennutzungskonzepte. Andere Orte entwickeln Leitbilder, um ihre Ortskerne gezielt zu revitalisieren – sei es durch kulturelle Projekte, neue Wohnformen oder die Ansiedlung kleiner Gewerbeeinheiten. Nicht selten tragen engagierte Bürgerinitiativen dazu bei, dass neues Leben in alte Gebäude einzieht. Insbesondere die charmanten aber sanierungsbedürftigen Fachwerkhäuser bieten großes Potenzial für Menschen, die günstig Eigentum erwerben möchten und bereit sind, Herzblut und Arbeitskraft zu investieren. Auf diese Weise entstehen punktuell regelrechte „Sanierungs-Communities“, die frischen Wind in manche Dörfer bringen.
Südniedersachsen ist eine Region im Wandel. Die Gegensätze zwischen der lebendigen Universitätsstadt Göttingen und dem ländlich geprägten Umland könnten größer kaum sein – und doch bilden sie zusammen einen Raum, der durch Vielfalt und Eigenständigkeit überzeugt. Die demografischen und wirtschaftlichen Trends und die daraus resultierende Leerstandsproblematik sind reale Herausforderungen. Gleichzeitig arbeiten zahlreiche Akteure daran, nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
Ob kreative Zwischennutzungen, digitale Impulse, neue Mobilitätskonzepte oder die Rückkehr ehemaliger Bewohner*innen: Südniedersachsen zeigt, dass ländliche Regionen nicht zwangsläufig im Abwärtstrend gefangen sein müssen. Vielmehr hängt ihr Erfolg davon ab, wie gut es gelingt, Tradition mit Innovation zu verbinden – und die vorhandenen Potenziale sichtbar zu machen.
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